Der Zauber des Internet of Things
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IoT – Ein Trend, ein Schlagwort und seine Bedeutung. Was steckt hinter IoT, IIoT & IoE?
Die Hauptdarsteller des IoT sind Geräte, die Daten empfangen, verarbeiten und senden können. Das verdanken sie cleverem Teamwork: dem Zusammenwirken von Sensoren, Computerchips und den inzwischen nahezu uneingeschränkt zugänglichen Funkverbindungen, zum Beispiel per WLAN.
Sensoren sind für Geräte/Dinge das, was unsere Sinnesorgane für uns Menschen sind: Sie erfassen selbstständig bestimmte physikalische oder chemische Eigenschaften in der Umgebung oder von Objekten. Das kann Temperatur sein, Helligkeit, Wärmestrahlung, Druck, Vibration, Feuchtigkeit, Schall, Beschleunigung usf. Im Gegensatz zu unseren Sinnesorganen können Sensoren allerdings auch Effekte registrieren, die für uns nicht wahrnehmbar sind. Zum Beispiel pH-Werte, Feldstärken, Luftqualität oder minimale Veränderungen, so klein, dass wir sie nicht erkennen könnten.
Eine weitere wichtige Eigenschaft: Sensoren sind zusätzlich auch „Wandler“. Sie können aus einer Form von Energie (bzw. Impuls) eine andere Form von Impuls kreieren: Sie wandeln die physikalischen, chemischen oder biologischen Effekte, die sie erfassen, in weiterverarbeitbare elektrische Signale um. Es entstehen Daten – Daten, die digital verarbeitet und mittels Funktechniken oder kabelgebunden kommuniziert werden.
Bedenkt man dieses Zusammenspiel, wird auch deutlich, wo die Treiber des enormen Wachstums des IoT-Technologietrends liegen²:
Die Entwicklung der „Smartisierung“ – Geräte, die Daten liefern und verarbeiten werden gerne als „smart“ bezeichnet – greift in alle Bereiche unseres Lebens. Fitnessarmbänder, die die Anzahl unserer Schritte zählen und unseren Pulsschlag messen. Smartphones, die die Klimaanlage unserer Wohnungen steuern und aufleuchten, wenn die Kühlschranktüre nicht richtig geschlossen ist. Alexa, Siri und Co, die unsere Anweisungen ebenso entgegennehmen wie sie Antworten auf unsere Fragen liefern.
Neben all den Smart Things, die sich an Verbraucher richten, findet sich ein quasi zweites IoT – auch IIoT genannt: das Industrial Internet of Things. Bietet die kleine Schwester hauptsächlich die Vernetzung von Endgeräten des Alltags – was im großen Stil durch die Verbreitung des Smartphones möglich wurde (ein Smartphone verfügt über bis zu 20 verschiedene Sensoren, die jede Sekunde Daten erfassen) – automatisiert die große Schwester ganze Industrieprozesse.
Das IIoT ermöglicht die direkte Kommunikation von Maschinen, Produkten und Menschen zur Optimierung von Fertigung und Produktion. Maschinen werden mit intelligenten Sensoren ausgestattet und vernetzt, um Abläufe genauer zu planen, Anlagen besser auszulasten, Qualität zu kontrollieren, notwendige Instandhaltungen frühzeitig zu erkennen. Dabei reicht der digitale Arm über die Fertigungshalle hinaus: In Lagerhaltung und Logistik sorgen Sensoren, integrierte Schaltkreise und Funkverbindung für die Lokalisierung von Beständen; die Buchführung erhält automatisch die relevanten Daten zu Warenein- und Warenausgang; das Personalbüro erstellt Schichtpläne auf Basis der Datensätze … Die Smart-Factory nutzt den Datenstrom der digitalen Vernetzung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
IoT und IIoT vernetzen Geräte bzw. Maschinen und verbessert ihre Kommunikation. Doch freilich macht die Entwicklung hier nicht halt – und auch der nächste Schritt der Entwicklung hat einen Namen: Internet of Everything, IoE.
Experten beschreiben das IoE als das durch Hardware, Software und Dienste unterstützte unmittelbare Zusammenspiel von vier Komponenten: Menschen, Objekte (Things), Daten und Prozesse.
Ein wesentlicher Punkt, der mitzudenken ist, um hier ein Zukunftsszenario zu erkennen (und nicht eine Beschreibung des Das-haben-wir-doch-schon!): Die Ausstattung mit Computerchips wird künftig weit über die derzeitige hinausreichen. Denn in nahezu jeden Gegenstand kann ein Chip eingesetzt werden. Selbst vor unseren Körpern wird das Internet nicht haltmachen. Das beschreibt Digitalisierungs-Autor Philip Specht – und illustriert seine Einschätzung mit einem Beispiel:
„(Das) vermeintliche Tabu ist längst gebrochen. Mehrere Forschungseinrichtungen experimentieren mit Mikrochips, die in die Haut implementiert werden. Auch abseits der Forschung mutieren erste Technologiefreudige freiwillig zu „Cyborgs“: In einer Einrichtung für Start-ups namens Epicenter in Schweden haben sich bereits über 150 Leute einen reiskorngroßen Chip in die Hand einsetzen lassen. Dank des Chips lassen sich mit einer einfachen Handbewegung Türen entriegeln, Drucker freischalten oder Smoothies bezahlen. Doch mit solchen Innovationen endet der Eroberungsfeldzug des Internets noch lange nicht: Forscher arbeiten (…) bereits an Nanobots zur Einschleusung in den Blutkreislauf und an Hirnimplantaten, die eine direkte Verbindung des Hirns mit dem Internet herstellen.“*
Faszination oder Irritation? Fluch oder Segen? Wie immer, wenn es um relevante Entwicklungen geht: beides! Oder: Es kommt darauf an …
Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche schafft zugleich unzählige Chancen, enorme Herausforderungen und schwer einzuschätzende Risiken.
Das ist nicht neu. Bereits die Entwicklungen der Informatik in den 1970er und 1980er Jahren entfachten weitreichende Diskussionen und gesellschaftspolitische Überlegungen zu den Konsequenzen der Computer-Technologie. Auf diese Auseinandersetzungen geht die philosophische Teildisziplin Informationsethik zurück (eine Weiterführung von Maschinen-, Technik- und Medienethik) – aus der wiederum die Digitale Ethik hervorging.
Was neu ist, sind die Dimensionen, mit denen es heutige und künftige Überlegungen und Diskussionen zu tun haben. Die Entwicklungen gehen rasend schnell und die Phantasie scheint nicht auszureichen, um zu erkennen, wohin sie unsere Welt führen. Auf jeden Fall soweit – diese Einschätzung wird weitreichend geteilt – dass es notwendig sein wird, selbst die Grund- und Menschenrechte dem digitalen Zeitalter anzupassen. Wie diese „Charta digitaler Grund- und Menschenrechte“ aussehen könnte, dafür liegen bereits Entwürfe vor.
Ein wichtiger Blickwinkel im Rahmen der digitalen Ethik ist die Differenzierung zwischen dem Machbaren und dem Wünschenswerten: Technologie sei nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck.
Damit stellt sich in der Welt der Digitalisierung immer die Frage, was erreicht werden soll. Eine Frage, der sich sinnvollerweise so auch jedes Unternehmen widmet. Denn gewissenhafte Überlegungen zahlen sich bei allen Digitalisierungsschritten aus – und das bei jeder Größe, mini, midi oder maxi: Was genau wollen wir erreichen? Welche Schritte sind derzeit möglich, machbar, zielführend – und welche können/sollen später folgen? Mit welchen Auswirkungen ist zu rechnen? Wie beziehen wir alle Betroffenen in die Planung und Umsetzung ein – und das rechtzeitig?
Wo sich Umsicht, Optimismus und Gestaltungswille treffen, und Machbares und Wünschenswertes verbunden wird, beleiben IoT, IIoT und IoE was sie sind: digitale Tools, die Möglichkeiten bieten.
(1) Vgl.: Philipp Specht 2019: „Die 50 wichtigsten Themen der Digitalisierung“; Redline Verlag, München, S. 15f; (2) ebd. S 179