Das OEE-Paradoxon. Warum Sie nicht wissen, was Sie über Ihren OEE nicht wissen
… und wie Sie das effektiv ändern
OEE – Overall Equipment Effectiveness – eine der wichtigsten Kennzahlen für jedes produzierende Unternehmen. Zugleich ist gerade der OEE ein konfliktträchtiger Wert. Das allerdings, wird oft (zu lange) ignoriert.
Ihr Schichtleiter will wissen, wie hoch die Verluste an seiner Anlage sind und was sie verursacht. Sein Fokus liegt auf dem Unterschied zwischen Ist und Soll. Ihre Planer lesen aus dem OEE, wie viel Prozent der Anlagenkapazität sie verplanen können, und richten Termine entsprechend aus. Im Topfloor ist Ihr Blick ein nochmal anderer: Für Sie stellen sich augenfällige Fragen des Controllings: „Hat sich die Investition gelohnt?“ bei neuen Maschinen und allgemein: „Wie hoch ist die tatsächliche Wertschöpfung meiner Anlage(n)?“. Darüber hinaus nutzen Sie den OEE z.B. für die Zielvereinbarungen mit Ihrem Shopfloor.
Ein kniffeliges Konstrukt
Eine Kennzahl ist gut, wenn aus ihr relevantes Wissen geschöpft werden kann. Das bietet der OEE (deutsch GAE, Gesamtanlageneffektivität) ohne Frage. Sie brauchen ein Maß, das Ihnen sagt, wie hoch die die ungeplanten Verluste Ihrer Anlage(n) sind. Die klare Aufgabe der OEE. So weit, so gut. Und jetzt kommt das ABER: In der Praxis erweist sich der OEE als durch und durch kniffeliges Konstrukt aus unscharfen Faktoren.
Die Aussagekraft jedes OEE ist daher immer nur SO hoch, wie das Bewusstsein für die Fallstricke, die mit ihr verbunden sind.
Die erste grundsätzliche Herausforderung des OEE ist klar: Der OEE jeder Anlage muss jeweils individuell auf das Unternehmen zugeschnitten werden. Hier gilt es (gute) Entscheidungen zu treffen. Jede der drei in den OEE einfließenden Verlustkategorien – Verfügbarkeit, Leistung, Qualität – erfordert eine Bandbreite an Definitionen.
Doch der Definitionsbedarf beginnt bereits früher, an der Basis der Berechnung des OEE. Bereits hier stehen kontroverse Entscheidungen an: Wird für die Berechnung der verfügbaren Produktionszeit ein 24-Stunden-Kalender zugrunde gelegt oder eine berechnete Nettoarbeitszeit? Wie berechnen Sie die Nettoarbeitszeit? Welche GEPLANTEN Stillstände werden in ihre Berechnung einbezogen, wie hoch setzen Sie die Werte an und welches WARUM steht dahinter? Zum Beispiel fehlende Belegungen (durch Wochenenden, Feiertage, Betriebspausen), Wartungen, Instandsetzungen, Schulung, Pausen, Zeiten für Schichtübergaben etc.
Die Summe macht‘s
Das Ergebnis dieses ersten Schrittes ergibt 100 % Ihrer (theoretischen) Betriebszeit, der Basiswert zu Berechnung Ihres OEE. Von dieser Basis werden nun alle Verfügbarkeits-, Leistungs- und Qualitätsverluste abgezogen. Voilá, das Ergebnis ist Ihr OEE. Der springende Punkt an dieser Stelle – oder besser, die drei springenden Punkte sind:
- Wurde tatsächlich sinnvoll über die geplanten Stillstände entschieden?
- Und: ist wirklich ALLEN, die den OEE nutzen, bewusst, welche Faktoren in seine Festlegung – und damit in den 100 % Wert – eingeflossen sind?
- Plus: Wie oft überprüfen Sie diese angesetzten Faktoren/Werte auf ihre Gültigkeit?
„Die Summe macht’s“, das ist die zentrale Erkenntnis des OEE als wesentliche Kennzahl. Denn keine der sechs relevantesten Ursachen für Effizienzverluste mögen für sich genommen auffällig sein (am deutlichsten wohl beim Faktor „Micro Stops“, zu dem ja meist Stillstände von weniger als 3 Minuten gezählt werden).
Six Big Losses
Geplanter Stillstand | Instandhaltung, Reinigung … |
Ungeplanter Stillstand | Funktionsstörung, Stromausfall, Krankenstände … |
Micro Stops | minimale Stillstände |
Geschwindigkeitsverlust | Geschwindigkeitsverlust alles, was die (theoretische) Höchstgeschwindigkeit verhindert |
Einfahrausschuss | Einfahrausschuss Ausschuss, der durch Erwärmung, Starten oder andere frühere Herstellungsphasen verursacht wird |
Herstellungsausschuss | Ausschuss, der im Normalbetrieb verursacht wird |
Six Big Losses - Die wichtigsten Verlustursachen der OEE*
ABER – hier setzt der OEE an: Zusammengenommen können diese Faktoren zu bedeutenden Verlusten führen. Und genau das gilt natürlich auch für Verzerrungen: Aus der Summe kleiner Verzerrungen erwachsen die großen. Und deshalb ist ein hohes Bewusstsein für die Qualität Ihres OEE so entscheidend.
Nur mit diesem kritischen Kennzahlen-Qualitätsbewusstsein kann Ihr Unternehmen den OEE tatsächlich für die Verbesserung der Wertschöpfung der Anlage(n) nutzen. Nur mit diesem Bewusstsein werden auch wenig augenfällige, aber in Summe relevante – da verzerrende – Faktoren – sinnvoll und laufend – in Ihren OEE einfließen (Veränderungen durch innerbetriebliche Entscheidungen/ Veränderungen/ Optimierungen etc.). Nur so erkennen Sie alle Hebel für die Erhöhung Ihrer Effektivität.
Validität entscheidet
Die Qualität des OEE hat freilich eine zweite Dimension: Das kritische Bewusstsein für die Validität der Werte/Daten, die in seine Berechnung einfließen. Darüber – und damit über Ihre tatsächliche Effektivität – kann Ihnen Ihr OEE nichts sagen. Denn Ihr OEE weiß nichts über seine Validität. Hier kommt es auf das Zusammenspiel von Mensch und Maschinen an. Denn nur wenn der Berechnung sinnvolle Annahmen UND unverfälschte Werte zugrunde liegen, ist das Ergebnis ein valider und vergleichbarer OEE.
Eine Problematik, die vielen produzierenden KMUs dabei im Wege steht, sind fehlende oder unzureichende Daten. KMUs produzieren häufig mit bewährten, aber bereits älteren (allerdings nach wie vor bestens funktionierenden) Maschinen. Und: ihr Maschinenpark ist heterogen: unterschiedliche Generationen, Hersteller, Eigenentwicklungen.
Die Überlegungen, angebotene Software-Lösungen einzusetzen, scheitern oftmals an der Problematik der Maschinenanbindung. Denn im heterogenen Maschinenpark herrscht babylonische Sprachverwirrung: Jede Maschine spricht ihre eigene „Sprache“ und liefert daher Daten in dieser speziellen Sprache. Dem nicht genug. Zusätzlich wird in unterschiedlichen Dialekten und mit verschiedenen Akzenten kommuniziert, je nach Typus, Herkunft, Alter etc. der Maschinen. Software-Lösungen aber, sind auf einheitliche Daten in einer validen und einheitlichen Sprache angewiesen.
Genau deshalb scheuen nun so viele Unternehmen vor den Schritten hin zur Digitalisierung zurück, obwohl diese für sie absolut sinnvoll und hilfreich wären. Sie gehen davon aus, dass sie für Ihren Weg Richtung „Smart Factory“ neue (andere) Maschinen als ihre bestehenden brauchen. – Freilich ein Irrtum, allerdings ein sehr verbreiteter.
Connectivity bietet die Brücke
Unabhängig von “Sprache, Dialekt und Akzent“: Sie KÖNNEN Ihre Maschinen/Ihre Anlage an Ihre gewünschte Software anbinden – die Sprachverwirrung lässt sich lösen.
Wie gelingt das? Das gelingt, indem Sie bzw. Ihr Software-Lösungsanbieter einen entsprechend kompetenten „Übersetzer“ zwischen Maschine/Anlage und Software schalten: ein Connectivity-Tool. Dieses „sprachkundige“ Tool ist in der Lage, die erforderlichen Daten für jede Software-Lösung direkt dort abzugreifen, wo sie entstehen: an der entsprechenden Stelle der Anlage/Maschine. Die so gewonnen Daten werden anschließend aufbereitet, normiert, homogenisiert und sinnvoll geordnet. Erst dann gehen die Daten über einen gemeinsamen digitalen Layer – also in einer gemeinsamen Sprache, ohne jede Sprachverwirrung – an die Software.
Eine Connectivity-Lösung dieses Zuschnitts ist die Brücke zur validen Datengewinnung, -verarbeitung und -nutzung. Und das (- besonders wichtig für KMUs) eben unabhängig von der Heterogenität des Maschinenparks.
Die so gewonnen, validen (da direkt am „Ort des Geschehens“ abgelesen) Daten nutzen Sie dann freilich nicht nur für Ihren OEE. Sie können mit ihnen das gesamte Spektrum Ihrer gewünschten MES speisen. Und zusätzlich auch alle weiteren Komponenten der für Sie passenden ERP-Software.
Schlagen wir hier den Bogen zurück zur OEE:
- Die Entscheidungen, wie ein OEE und alle wichtigen Kennzahlen Ihres Unternehmens definiert und berechnet werden, benötigt den „Grips“ der Menschen Ihres Unternehmens.
- Für die entsprechenden validen Daten kann der bisher ungenutzte „Grips“ Ihrer Anlagen und Maschinen sorgen.
Es gilt beide zu nutzen und zu verbinden.
Optimierung in Echtzeit
Für Ihren OEE nutzen Sie einen weiteren Vorteil der direkten Datengewinnung aus Ihrer Anlage/Ihren Maschinen: Die so gewonnenen Daten liefern nicht nur die validen Werte, die in seine Berechnung einfließen. Ihr Shopfloor erhält auch die Informationen über die genauen Gründe der Verluste.
Das ist für die Steigerung der Effektivität der Anlage(n) natürlich zentral. Denn mit diesen Informationen weiß Ihr Top- und Shopfloor in Echtzeit: „WARUM wird nicht 100 % der Betriebszeit produziert, 100 % der geplanten Geschwindigkeit gefahren, 100 % der definierten Qualität produziert?“. Damit ist die Möglichkeit für den Shopfloor geschaffen, unmittelbar zu reagieren und die Gründe der Verluste direkt zu beheben. Mit massiver Wirkung auf Ihre Anlageneffektivität und so auf Ihre Wertschöpfung – somit erfüllt Ihr OEE seinen tatsächlichen Sinn.
*Quelle: vgl: https://www.symestic.com/de-de/oee/six-big-losses-die-wichtigsten-verlustursachen-der-oee (05.11.2010)